Projekt Chancen-Nest Ulrike v. Le Suire Kinder von Suchtkranken
Projekt
Chancen-Nest
Konzeptions-Idee Haus Chancen-Nest Kempten (alt)

An dieser Stelle möchte ich Einblick geben in die Konzeption, wie sie in Haus Chancen-Nest gelebt wurde und mit Vorbehalt in einem neuen Projekt verwirklicht werden könnte:


Motivationsphase
Die Motivationsphase findet außerhalb der Einrichtung statt. In dieser Phase wird der Familie das Konzept der Therapie erklärt.
Der Familie wird erklärt, welche Schritte sie als nächstes machen müssen, um für sich bzw. die Kinder einen Platz in der Einrichtung zu erhalten (bei Bürokratie ist bestehende Hilfe erforderlich, z.B. Kontakt mit dem Jugendamt).
Der Familie wird erklärt, dass sie ein Wunsch und Wahlrecht hat (SGB VIII, §5).

Kern-Arbeit im Kinderhaus
Bei stationärer Unterbringung des Kindes während der Therapie der Eltern wird folgende Kernstruktur im Haus angeboten. Alle anderen Angebote sind daran angelehnt:

1. Erholungsphase
In der Erholungsphase sollen Kinder und Eltern sich an die neue Situation gewöhnen, zu sich finden und erste Hilfen annehmen. Das Kind erlernt in dieser Phase die Regeln im Haus. Durch den veränderten Tagesablauf wird es mit vielem Neuem konfrontiert, therapeutische Maßnahmen laufen an. Das eingefahrene System des „Familienspiels“ wird unterbrochen.

2. Geborgenheit und Sicherheit
Das Kind erfährt im Haus die Geborgenheit und Sicherheit, die zu einem gesunden Leben notwendig ist. Es darf Wünsche und Gefühle zeigen und wird ernst genommen. Auf der Gefühlsebene wird das Kind wahrgenommen und es erfährt eine Rückmeldung. Diese Rückmeldung erzeugt in ihm einen neue Wahrnehmung seiner eigenen Person, eine Beständigkeit und Verlässlichkeit baut sich auf. Das Kind erlebt, dass es genauso wertvoll ist, wie jeder andere Bewohner des Hauses. Es wird in Achtsamkeit miteinander umgegangen.

3. Regeln
Das Kind erlernt Regeln im Umgang miteinander. Dieses Regelwerk ist zum Teil vorgegeben, zum Teil wird es mit der Gruppe aus der Tagessituation und den gegebenen Umständen heraus geschaffen und besprochen. Dazu sind tägliche Gruppenbesprechungen nötig. Eine Hinterfragung des Regelsystems ist jederzeit möglich und wird demokratisch gehandhabt.

4. Demokratische Lebensweise
Jeder im Haus hat die gleiche Wertigkeit. Das Kind erlebt, dass es ein einmaliges und geachtetes Geschöpf Gottes ist. Wir gehen in Liebe und Achtung miteinander um. Tägliche Hausbesprechungen ermöglichen das bewusste Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse und der Bedürfnisse der anderen. Dadurch werden das Selbstwertgefühl und die Selbstachtung gestärkt.

5. Therapeutische Hilfe
Im Haus wird zum Beispiel mit Methoden und Praktiken des Situationsansatzes, der Gesprächsführung nach Ruth C. Cohn, dem reflektierten und werte-achtenden Einzel- und Gruppengesprächs, der Traumatherapie nach Reddemann, der Arbeit mit dem inneren Kind, der Denk-, Handlungs- und Traumabearbeitung nach Dr. Bettina Bonus, der Motopädagogik nach Kiphard, der Entspannungstherapie nach Jacobson, verschiedener Arten der Erlebnispädagogik, der Theaterpädagogik, der Musikpädagogik und der Rhythmik gearbeitet. Ganz individuell werden dem Kind durch Therapeuten Spieltherapie, Maltherapie, Logopädie, Traumatherapie angeboten, diese Angebote werden reflektiert, damit das Kind die bestmögliche Förderung erhält.

6. Körpergefühl / Sport / Ernährung
Das Kind hat die Chance, seinen Körper bewusst wahrzunehmen und darf ihn kennenlernen. Es wird sehr viel Wert auf die Körperwahrnehmung gelegt. Im Tagesablauf wird bewußt mit diversen Übungen diese Wahrnehmung gesteuert. Kinder-Qui-Gong, Entspannungstechniken sowie gezielte Bewegungen in der Gruppe sind Programm im Haus.
In spielerischer Weise wird Freude an der Bewegung geweckt und in der freien Natur werden eigene Erfahrungen gemacht. Täglich werden 3 Stunden in der Natur verbracht. Die Regelmäßigkeit dieser Veranstaltung während des Tagesablaufes hat den Sinn, das Kind zu einer Beständigkeit zu führen. Der Wald / die Natur ist beständig, dennoch erlebt das Kind eine Erlebnisspannung, denn sie ist ebenfalls jeden Tag neu. Dies widerspricht sich nicht, sind doch viele Aspekte einer Naturerfahrung zu beachten. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, der gehe auf die Internetseite von Dr. Rainer Brämer: www.natursoziologie.de.

Bewusste gesunde Ernährung soll dem Kind verhelfen, die Lebensmittel in ihrer Ursprünglichkeit wieder wahrzunehmen. Es wird nach Methoden gekocht, die dem Körper gut tun. Blutzuckerbewusste Ernährung sowie Ernährungslinien nach Max Otto Brucker und Peter J. D'Adamo (Blutgruppendiät) sind dabei unsere individuellen Ausrichtungen.

7. Elternarbeit
Nach der Erholungsphase von 6-8 Wochen finden regelmäßige Besuchskontakte statt, bei denen die Eltern die Kinder besuchen. Die dabei stattfindenen Elterngespräche sind zentraler Bestandteil der Therapie und tragen dazu bei, nach der Therapie in der Familie ein gesundes Leben führen zu können. Offenheit und Ehrlichkeit sind Voraussetzung für einen gesundenden Umgang miteinander. Die Eltern lernen die Regeln im Haus kennen. Eltern und Kind gehen wieder aufeinander zu und üben ein neues Verhalten ein. Dabei kommen alle Familienangehörigen nach der Therapie in eine veränderte Umgebung zurück, in der ein anderer Umgang gelebt wird. Das ist zentraler Bestandteil der rückfallpräventiven Arbeit.

8. Eigenbewusstes Leben
Am Ende der Zeit im Haus steht ein eigenbewusstes Leben. Das Kind hat gelernt, mit sich und auch mit dem anderen (den Eltern, anderen Personen) bewusst umzugehen. Es hat Selbstachtung und Achtung der anderen Person in seinen Bedürfnissen und Wünschen erlernt. Das Kind kann für sich selbst entscheiden und sieht seine Grenzen. An diesem Punkt hat es gelernt, nachzufragen und das Wissen eines Erwachsenen in Anspruch zu nehmen.
Eltern und Kind haben eine neue Form des Umgangs erlernt. Dadurch ist ein suchtmittelfreies Leben im eigenen Erleben der Gefühle möglich.

Nachsorge
Die Nachsorge in der Heimatstadt soll eine nachhaltige Hilfe sein und Krisenzeiten durchstehen helfen. Der Erwachsene sucht sich eine Gruppe und einen Therapeuten (Familientherapeuten). Das Kind benötigt einen erwachsenen Ansprechpartner ausserhalb der Familie, um in Notsituationen schnell Hilfe zu erreichen. Eine Suchterkrankung darf nicht mehr verheimlicht werden, sondern alle in der Familie haben gelernt, offen damit umzugehen.

Mit dieser Konzept-Idee, wie sie in Haus Chancen-Nest genehmigt wurde, kann jede andere Einrichtung ebenfalls arbeiten.
Bei Fragen und näheren Informationen wenden sie sich bitte an mich, Ulrike v. Le Suire, Daten siehe Kontakt Impressum.
letzte Änderung: 27.06.2014